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RAFAEL: Merkst du, dass die Leute hier Vorurteile gegen dich haben?
KINDA: Ja, deswegen habe ich hier in Deutschland nicht viele deutsche Freunde. Ich habe bemerkt, dass wenn ich jemanden treffe und ich sage, dass ich aus Syrien komme, die Leute mich seltsam anschauen. Ich weiß nicht warum, aber ich glaube, sie mögen Syrer nicht. Und sie reden nicht mit mir. Es ist auch ein bisschen seltsam. In Syrien sind wir es nicht gewohnt, uns so zu verhalten, eher umgekehrt. Wenn wir eine Person aus dem Ausland sehen, versuchen wir auf jede mögliche Weise Hilfe anzubieten, damit er sich nicht als Fremder fühlen muss. Also ist es für mich hier ein bisschen seltsam. Ich weiß nicht, es ist schwierig, mit jemandem hier eine Freundschaft zu schließen.
RAFAEL: Und sonst, wenn du in der Öffentlichkeit bist oder mit dem Zug fährst, hast du da irgendwelche Probleme?
KINDA: Nein, ich habe kein Problem mit Zügen oder Bussen, denn ich sage nur zum Busfahrer: Ich brauche einen Fahrschein – und es ist erledigt. Es ist also kein Problem. Aber wenn ich jemanden auf der Straße fragen will, weil ich etwas verloren habe, oder wenn ich einen Ort oder ein Geschäft oder so suche, antwortet niemand. Besonders wenn ich Englisch spreche. Ich bin nicht sehr gut in Deutsch und lerne es jetzt. Aber ich kann Englisch sprechen, also wenn ich zu jemandem sage: „Sprichst du Englisch?“ – „Ah, Englisch, nein.“ Das ist ein bisschen komisch hier. Die meisten Deutschen sprechen lieber kein Englisch mit mir, auch wenn sie es verstehen.
RAFAEL: Vielleicht können es einige ältere Leute wirklich nicht?
KINDA: Vielleicht, ja.
RAFAEL: Aber du hast auch jüngere Leute gefragt?
KINDA: Ja, hab ich. Und ich weiß, dass es eine Menge anderer Leute hier in Deutschland gibt, die aus dem Ausland kommen, und einige von ihnen machen Ärger und Probleme. Aber es ist nicht gut, über Leute zu urteilen, nur weil sie aus Syrien oder einem anderen arabischen Land kommen.
RAFAEL: Aber sonst fühlt es sich auf der Straße sicher an?
KINDA: Ja, auf der Straße fühle ich mich sicher, kein Problem. Alles ist organisiert hier und alle Leute halten sich an die Gesetze. Aber in Syrien und in meiner Stadt bleiben die Leute bis Mitternacht auf den Straßen und in den Restaurants. Aber hier in Deutschland ist nach acht oder neun Uhr niemand mehr auf der Straße. Alle Restaurants sind geschlossen, alle Einkaufszentren sind geschlossen. Also ist es anders. Aber ich fühle mich sicher. Damit habe ich kein Problem. Nur manchmal hab ich Angst, dass ich mich verirre oder einfach Hilfe mit irgendwas brauche, aber dann ist niemand auf der Straße den ich fragen kann.
RAFAEL: Weil die Leute nicht antworten?
KINDA: Die Leute antworten nicht, und auch nach acht, neun Uhr sieht man niemanden mehr auf der Straße. Außer manchmal ein paar betrunkene Leute, wo es unangenehm wäre.
RAFAEL: Und wie lebst du? In deiner eigenen Wohnung?
KINDA: Nein, ich lebe mit meinen Brüdern. Mein Bruder kam vor fünf Jahren hierher, er ist Arzt in Meiningen. Also lebe ich jetzt bei ihm. Und ich habe noch einen anderen Bruder hier in Deutschland. Er ist Apotheker, auch in Meiningen. Wir leben alle zusammen. Und meine Mutter ist jetzt auch hier, aber sie will zurück nach Syrien. Sie kann nicht die ganze Zeit hier bleiben.
RAFAEL: Denkst du, dass es für dich leichter ist als für andere Flüchtlinge, wenn du deinen Bruder schon hier hast?
KINDA: Ich bin gar kein Flüchtling. Die Leute denken das immer, aber ich bin kein Flüchtling. Mein Bruder kam vor fünf Jahren nach Deutschland, mit einem regulären Visum.

In Thüringen kannst du deine Familie einladen, also lud er mich und meinen Bruder, meine Mutter, meinen Vater ein, also kamen wir. Und ich habe einen regulären Aufenthaltstitel.
RAFAEL: Okay, tut mir leid.
KINDA: Kein Problem. Das denken die Leute immer. Aber nicht alle Syrer hier in Deutschland sind Flüchtlinge. Ich habe eine Menge syrische Freunde hier, in verschiedenen Städten und sie sind alle keine Flüchtlinge. Sie sind Ärzte und Ingenieure. Sie haben hier gelebt und hier gearbeitet. Aber ich denke, dass einige syrische Flüchtlinge hier in Deutschland den Menschen ein falsches Bild von Syrern vermitteln. Manche. Nicht alle, einige. Wegen des Krieges in Syrien haben einige Leute ihre Häuser verloren und ihnen sind in Syrien schlimme Dinge widerfahren. So kamen einige von ihnen nach Deutschland auf der Suche nach einem besseren Leben. Andere kamen einfach nur, um hier zu bleiben und Geld vom Staat zu bekommen und zu denken, „wir können in Deutschland alles machen“. Ich glaube, diese Leute geben hier ein falsches Bild von Syrern ab.
RAFAEL: Aber es ist auch nicht ihre Schuld, wenn die Leute verallgemeinern. Es sind immer noch die Deutschen, die sich eine falsche Vorstellung von den Syrern machen.
KINDA: Ah, das ist wahr! Aber ja, das passiert hier immer. Alle Leute denken, ich bin ein Flüchtling und nehme das Geld vom Staat, ich nehme ihr Geld, ich lebe von ihrem Geld. Das passiert immer, aber kein Problem. Daran bin ich gewöhnt. Ich kann das sagen: Ich bin kein Flüchtling.
RAFAEL: Aber hinterfragen dich die Leute dann auch: Warum bist du hierher gekommen, wenn du kein Flüchtling bist?
KINDA: Ja ja, auch meine Kollegin hier hat mich danach gefragt. Wer würde nicht gerne im großartigen Deutschland leben! Ich bin nach Deutschland gekommen, weil ich seit meiner Kindheit Deutschland mochte, ich bin gerne nach Deutschland gereist. Ich habe zehn Jahre im Krieg in Syrien gelebt und bin in Syrien geblieben, aber es hat mir gereicht, ich wollte nicht den Rest meines Lebens im Krieg verbringen. Aber dieses Jahr wollte ich nach einem besseren Leben, einer besseren Zukunft zu suchen. Jetzt sind in Syrien die Gehälter viel zu niedrig, es gibt keine guten Jobs wie hier und die Preise sind sehr teuer geworden. Das Leben ist also sehr schwierig. Also möchte ich hier bleiben und einen Job finden, arbeiten, an meine Zukunft denken. Vielleicht werde ich hier eine Familie haben. Ich will, dass meine Kinder in einem sicheren Land aufwachsen, nicht im Krieg. Ich mag Syrien und ich vermisse Syrien sehr. Und ich mag meine Stadt sehr gerne, aber der jetzige Zustand ist zu schlimm. Nicht nur wegen des Krieges, sondern auch wegen der Wirtschaftskrise. Das ist der Grund, warum ich hier bin. Ich glaube, viele Leute sind aus dem gleichen Grund hier. Für einen Job, für ein besseres Leben. Ich weiß also nicht, warum die Leute überrascht sind, wenn ich so antworte. Vielleicht erwarten sie, dass ich antworte: Ich bin hier wegen des Krieges. Und nur wegen des Krieges. Auch meine Brüder, als sie vor dem Krieg an der Universität waren, sagten sie schon: Wir werden nach Deutschland reisen. Es war schon eine Ambition, hierher zu kommen und hier zu arbeiten. Und jetzt sind wir hier. Ich möchte eine Arbeit finden, vielleicht in Meiningen oder Suhl oder irgendeiner anderen Stadt, das ist kein Problem.
RAFAEL: Seit wann suchst du denn schon nach Jobs?
KINDA: Ich habe damit vor einem Jahr angefangen. Und ich habe bis jetzt kein Glück mit der Jobsuche. Ich habe einmal ein gutes Angebot gefunden und sie haben mich angerufen, um ein Vorstellungsgespräch auszumachen. Ich bin zum Vorstellungsgespräch gereist und dann sagten sie: „Es tut uns leid, weil …“ – eigentlich ist der Grund nicht überzeugend. Sie sagten: „Du siehst nicht so aus, als kämst du aus dem Nahen Osten und als hättest du den Krieg erlebt.“ Ja, es ist sehr seltsam.

Wie sollte ich also aussehen, wenn ich aus dem Mittleren Osten komme? Das ist die merkwürdigste Antwort, die ich in meinem Leben gehört habe.
RAFAEL: Das waren Deutsche?
KINDA: Ja. Und als mir eine andere Firma eine Ablehnungs-E-Mail geschickt hat, haben sie erwähnt, dass sie nur „Leute aus bestimmten Ländern“ wollen. Ich glaube, das war eine indirekte Antwort, weil ich Syrerin bin.
RAFAEL: OK, wirklich seltsam. Was sind dann „bestimmte Länder“…
KINDA: Sie haben die Länder nicht ausdrücklich erwähnt, sie haben das nur gesagt, nachdem ich mich für diesen Job beworben hatte. Ich weiß, das ist seltsam. Aber es ist ok. Ich muss weiter suchen.
RAFAEL: Aber ich finde es einfach immer noch seltsam, wie die Leute versuchen, ihre Vorurteile und ihr diskriminierendes Verhalten zu rechtfertigen.
KINDA: Tja, was kann ich tun … Bis jetzt suche ich jeden Tag nach einem Job. Ich sende jeden Tag E-Mails und jeden Tag erhalte ich E-Mails: „Es tut uns leid, danke“. Ich weiß nicht warum, aber sie geben mir keine Chance, ein Vorstellungsgespräch zu führen. Aber ich lerne jetzt Deutsch, weil ich hier in Deutschland arbeiten will. Also hoffe ich, dass es vielleicht einfacher wird, einen Job zu finden, wenn ich die deutsche Sprache besser beherrsche. Aber ich bin IT-Ingenieurin, und ich weiß, dass in den meisten Jobs Englisch gesprochen wird. Deutsch ist also wichtig, aber es ist nicht das Wichtigste. Ich warte immer noch auf eine positive Antwort.
RAFAEL: Wenn du also auf Jobsuche bist, sieht es nicht so aus, als hättest du die gleichen Chancen wie ein Deutscher?
KINDA: Nun, ich bin mir sicher, dass ich nicht die gleichen Chancen habe. Und da ist noch eine andere Sache, dass ich nicht die Erfahrung im IT-Bereich habe. Denn als ich in Syrien war, habe ich nicht in einer richtigen IT-Firma gearbeitet, ich war zwei Jahre lang Lehrer an der Universität. Dann habe ich den Job gekündigt und zwei Jahre lang beim Roten Halbmond – das ist wie das Rote Kreuz – als Freiwillige gearbeitet im Kinderschutzteam und mit Kindern mit Krebs. Dann bin ich nach Deutschland gekommen. Ich habe also nicht so viele Erfahrungen mit diesem Job. Aber ich denke, ich kann Praktika machen, ich kann mich beweisen und ich bin immer bereit, zu Hause Online-Kurse zu machen, um meine Qualifikation in IT zu verbessern. Aber was die Jobs angeht, denke ich, dass es auch zwischen Syrien und Deutschland unterschiedlich ist. Wenn ich die Bedingungen für den Job lese, gibt es einige Dinge, von denen ich zum ersten Mal höre. In Syrien gibt es nicht alle technischen Dinge. Vielleicht haben also die Leute, die hier studiert haben, mehr Kenntnisse in IT. Besonders in IT.
RAFAEL: Aber wird dein Abschluss aus Syrien hier anerkannt?
KINDA: Ich habe meinen Abschluss letztes Jahr hier in Deutschland umgewandelt, ich habe ein Diplom bekommen. Aber es ist auch von Mensch zu Mensch verschieden. Meine Freunde, die auch hier in Deutschland sind, haben einen Master bekommen, als sie ihren Abschluss geändert haben, kein Diplom. In Syrien hatten wir drei Jahre und dann zwei Jahre Spezialisierung. Also, es ist auch unterschiedlich, aber ich weiß nicht, warum oder wie sie das machen. Ich und meine Freundin – ich bekam ein Diplom, sie bekam einen Master. Ich weiß nicht, wie es entschieden wird, aber wenigstens konnte ich es umwandeln, das ist gut. Und hier zu studieren wäre auf Deutsch schwierig. Deutsch zu sprechen ist schon nicht einfach, also ist es auch schwierig, auf Deutsch zu studieren. Wenn ich einen Job finden würde, wäre das besser.
RAFAEL: Kann ich noch eine Frage stellen?
KINDA: Ja, bitte!

RAFAEL: Machen die Leute manchmal Bemerkungen darüber, dass du keinen Hidschab trägst? Denn ich glaube, das ist ein starkes Vorurteil gegenüber Frauen aus arabischen Ländern…
KINDA: Ja, immer. Die erste Frage ist immer: „Warum trägst du keinen Hidschab?“
RAFAEL: OK, kommt schon, Leute …
KINDA: Nicht alle arabischen Frauen tragen den Hidschab, denn in einigen Ländern oder Regionen hat das mit Religion zu tun und für einige religiöse Menschen ist es auch persönliche Freiheit. Aber die Leute hier denken, dass alle arabischen Frauen den Hidschab tragen, oder zumindest die Syrerinnen. Aber das ist nicht wahr.
RAFAEL: Aber wie ist es für dich, dass die Leute dich das immer fragen?
KINDA: Ich habe nichts gegen diese Frage. Ich hoffe, dass sie ihre falsche Vorstellung von uns korrigieren. Aber wenn ich das gesagt habe, ist die nächste Frage immer: „Was ist deine Religion?“ Diese Frage bekomme ich lieber nicht gestellt, weil das keine Rolle spielt! Letztendlich sind wir alle Menschen und müssen uns gegenseitig respektieren.
RAFAEL: Ja, ich denke auch, dass es zumindest nicht die zweitwichtigste Information über eine Person ist … Und hast du das Gefühl, dass dich die Leute mit dieser Frage in eine Schublade stecken wollen?
KINDA: Leider ja. Es ist unfair, Menschen danach zu beurteilen oder danach zu behandeln.

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